… was auch noch in den Büchern gefunden wurde…
die Texte wurden zum größten Teil aus der Festschrift zum 75jährigen Jubiläum entnommen
Wo die Söhnstetter ihr Obst anbauten
In alten Zähllisten des Rathauses finden sich einige Lagen, die aber längst nicht den Anspruch auf zeitgemäße Vollständigkeit erheben können. Ein Blick in alte Kost- und Haushaltsbücher ist da viel aufschlußreicher.
Aus was hätte man sonst um Ur-Ur-Urgroßmutterszeit Beerwein gekeltert? Hätte einen Vorrat mit Hutzeln angelegt? Kaum ein Rocksack bei einer Oma, in dem nicht die gesunde Süßigkeit als Mitbringsel steckte.
Bleiben wir beim Amtlichen. Im Jahr 1951 werden als Lagen für den Erwerbsobstbau das Schießmanntal, das Neuselhalder Feld, der Kirchberg, der Seeberg, der Gerstetter Berg der Dudelhof , das Mittloh, die Gussenstadter Straße, der Kutschenberg und der“ Esel“ angegeben. Auch im Ort wurden rund 1000 Hochstämme erfasst. Die Nazis, die ja bekanntlich alles bis ins Kleinste wissen wollten, ließen in der“ Erzeugungsschlacht “ der 30er Jahre gar die Beerhecken zählen. Ob es dafür Extrarationen Gelierzucker auf Karten gab, dies vermerkt das Rathaus nicht.
Dafür beantragt der Lindenwirt Georg Clement für seine fünf Hektar große Obstanlage eine Beihilfe. Ob er sie bekommen hat?
Bei Zahlungen an die Gemeinden und ihre Bürger zeigte sich das“ Oberamt in Heidenheim “ sehr sparsam. Man denke nur an die Ringkämpfe, die nötig waren, bis Söhnstetten einen amtlichen angestellten Baumwart erhielt. Gerade mal 1 Reichsmark wollte man dem guten Mann im Jahr als“ Wartegeld“ bezahlen. Zum leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Trotzdem wurde man über Jahre hinweg im Oberamt, später Landratsamt, nicht müde immer wieder zu fordern:“ Söhnstetten muß einen Obstbaumwart einstellen“. Der amtliche Schriftverkehr füllte ganze Ordner.
Dafür wurde von einem Mann namens Siller auf dem Oberamt manches festgestellt, was den Söhnstettern nicht in den Kram passte. Zum Beispiel die“ Schädlingsbekämpfung“ die man erst unter Androhung von Geldstrafen erledigte. Wer weiß, was da für Gifte in die Landschaft kamen. Aber das lehrte die Geschichte auch: Mit lebensgefährlichen Giften gingen die braunen Machthaber äußerst gefährlich um!
Die Gärten auf dem Kirchberg
Einige Söhnstetter haben einen Obstgarten auf dem Kirchberg. Der heißt seit allen Zeiten“ das Toil „. In Söhnstetten war es nämlich üblich, laut Büchern, jungverheirateten Paaren von der Gemeinde auf dem Kirchberg ein Stück Land zu vergeben, dieser Brauch könnte ja mal wieder eingeführt werden.
Einen“ Toil „.
Nicht besonders breit, eher schmal. Wer kurz nach dem Krieg geheiratet hatte, bekam so ein Toil. Das Gärtle, und mit ihm viele Andere auf dem Kirchberg hinter dem Festplatz, wuchs und gedieh. Feine Äpfel wachsen darin und Reneklauden. Aber auch „Scheißpfläumle“, wenn’s noch jemand gibt, der weiß was das für eine Köstlichkeit ist. Selbstverständlich Pflaumen und Zwetschgen, und etwas ganz Feines sind die Marmeladen und“ Gsälze “ die sich daraus herstellen lassen.
Obendrein ist der Toil eine“ Oase“ der Ruhe. Manche Nachbarn haben inzwischen die schmalen Grundstückle zusammengelegt und hochfeine Gärten draus gemacht. Sogar Wochenendhäuschen, die längst keine Hütten mehr sind, wurden gebaut. Mancher, der dort einmal einen Spaziergang macht, könnte, hat er nur ein“ bißchen grünes Blut“ in der Adern, direkt neidisch werden.
Was wurde angebaut
So wurden z. B. 1962 auf den vorhergenannten Lagen 28 Apfel- und 2 Birnensorten geerntet und in 41 Steigen im Hirsch zur Herbstfeier ausgestellt. Es waren dies: „Jakob Lebel, Brettacher, Franz Goldrenette, Fiesers Erstling, Welschisner, Boikenapfel, Goldparmäne, Goldrenette von Blenheim, Hagedorn, Boskop, Schwaikheimer, Rambour, Herzogin Olga, Baumanns, Renette, Jakob Fischer, Theuringer, Schwarzwälder Renette, Roter Boskop, Transparent, Ontario, James Grieve, Roter Berlepsch, Prinz Albert, Adersleber Kalrill, Luiken, Kleiner Langstiel, Bonapfel, Rosenapfel und Kaiser Alexander, sowie Kongreßbirne und Köstliche von Charmeu“.
Eine der schönsten landschaftlichen Gegenden um Söhnstetten ist der Kutschenberg, südlich der B 466. Nicht nur die Schäfer lassen auf der Heidefläche wegen des würzigen Grases halber dort ihre Herden ziehen. Die sonnige Lage veranlaßte schon früh die Söhnstetter, hier an den Anbau von Obstgehölzen zu denken. Gerade in unseren Tagen haben sich Obst- und Gartenverein zusammen mit dem Schwäbischen Albverein ein lobenswertes Gemeinschaftswerk vorgenommen. Sie wollen erkunden, welche längst abgegangenen Obstsorten einst hier wuchsen.
Es war im Krieg, genau im April 1941, als die Gemeinde den Beschluß fasste, auf dem Kutschenberg eine Gemeinschaftsobstanlage einzurichten. Grund und Boden waren im Besitz der Gemeinde. Nach Beratung mit dem Kreisbaumwart sollte die Gemeinde die Kosten übernehmen. Das heißt: zunächst wurden französische Kriegsgefangene eingesetzt, die Baumlöcher zu graben hatten. Der Obst- und Gartenbauverein besorgte durch den 1. Beigeordneten Seeßle junge Obstbäume, deren Anschaffung zum Preis von 3 Reichsmark von der Gemeindepflege übernommen wurde.
Beim Baumlochgraben konnte man auch ein paar Pfennige verdienen. Es gab pro Loch eine Reichsmark. Die Franzosen freuten sich. Die Stangen für das Anbinden der Setzlinge wurden im Gemeindewald geschlagen und von Leonhard hergerichtet. Die Bäume, alles Hochstämme wuchsen gut, schon stand das erste Obst, meistens Äpfel und Birnen in Aussicht.
Als nach Kriegsende 1945/46 die ersten Flüchtlinge und Vertriebenen in den Ort kamen, fand man für die Gemeindefläche auf dem Kutschenberg bald eine andere Nutzung. Die Neubürger bekamen eine Parzelle Krautland zugeteilt, um Kartoffeln und Gemüse anzubauen und damit den schmalen Speisezettel zu verbessern. Das ging so, bis die Zeiten wieder besser wurden. Die Flüchtlinge verloren die Lust an den Krautgärten und das Streuobst der inzwischen ansehnlichen Bäume wurde immer unbegehrter.
Einen richtigen Baumschnitt gab es schon lange nicht mehr. Jetzt nimmt sich der Obst- und Gartenbauverein mit dem SAV zusammen der alten Baumruinen an. Im Frühjahr regierten in einer Gemeinschaftsaktion Axt und Säge. Die Früchte will man im Herbst durch Fachleute überprüfen lassen. Wer weiß, vielleicht tauchen Sorten auf, die man schon längst auf der Alb nicht mehr kennt. Ihnen wird man in Zukunft besondere Pflege angedeihen lassen und die alten Sorten wieder einführen.
Die ersten Ergebnisse der „Baumwiesenrenovation“ wurden in der Jubiläumsveranstaltung 1999 im Oktober bekannt gegeben.
an der weiteren Geschichte wird ebenfalls weiter gearbeitet